Dienstag, 30. September 2014

Tagebuch eines Goblins IX

Was will man auch mehr verlangen als einen ordentlichen Rastplatz und einen gefüllten Bauch? Mir würden da auf Anhieb einige Dinge einfallen! Keine fiesen Moskitos, etwas Warmes im Bauch, ein ordentliches Bett, weniger schnarchen um mich herum, sehr viel weniger miese Alpträume von Untoten, NICHT auf DIESER Insel sein …
Am Morgen kommt ein weiterer Wunsch hinzu. Reckless und Crost sehen so scheiße aus, dass man glatt zu den Göttern beten könnte: Lass meine Gefährten nicht zu Zombies werden! Falls das nicht mehr geht, lass uns rechtzeitig wach werden, damit wir sie killen können, bevor sie uns essen! Hunger scheinen sie jedenfalls bereits genügend zu entwickeln. Ich werde die Beiden im Auge behalten und rechtzeitig erlösen … meine gute Tat für den Tag!

Wir müssen weiter und folgen dem Weg Richtung Palisade. Der Trampelpfad führt direkt am Strand entlang und ein fürchterliches Knurren ertönt in unmittelbarer Nähe. Schnell wird klar das keine wilden Tiere im Busch lauern, sondern das Crost und Reckless tatsächlich von HUNGER geplagt werden. Gut das der einladend wirkende Strand samt Kokosnusspalmen nicht weit ist … leider ist er auch das Reich von drei Riesenkrabben, die ihre Kokosnüsse nicht mit uns teilen wollen.
Hinterhältig haben sie in den Spitzen der Palmen gelauert und überraschen uns. Doch etwas Gutes haben die Gefechte der letzten Zeit gehabt, neben der gewonnen Kampferfahrung ist auch das Wir-Gefühl der Gruppe und die Abstimmung gewachsen.
Schlussendlich liegen um uns herum drei tote Riesenkrabben. Mein Blick fällt auf die geknackten Panzer und das weiße Krabbenfleisch darunter. Vor meinem geistigen Auge sehe ich schon ein Menü aus gedünstetem Krabbenfleisch an Kokosnuss auf Palmenblättern … bis ich den zuckenden Reckless sehe, der mit zerquetschtem Torso auf dem Strand liegt. Der hat wohl keinen Hunger mehr.

Aber wozu hat man einen Kapitän der heilen kann? Nachdem Tork unseren Bootsmann durch Magie wieder auf die Beine gebracht hat, sammeln wir die besten Kokosnüsse und Fleischstücke ein und geben Fersengeld!
Bei den brach liegenden Maisfeldern beschleicht uns nicht nur wegen der faulenden Köpfe auf Stangen ein ungutes Gefühl und die Entscheidung zu Gunsten der Palisaden ist schnell gefällt.
Stetig geht es auf einem schmalen Pfad bergan. Positiv ist das etwas bessere Klima und die fehlenden Moskitos hervorzuheben.

Schließlich erreichen wir ein kleines Viereck aus mannshohen Palisaden, die von einem großen Baum überschattet werden. Dicke Ranken hängen überall von den Ästen.
Vorsichtig schleiche ich durch das halb geöffnete Tor und pirsche mich mit der Muskete im Anschlag auf das kleine Holzhaus innerhalb der Umfriedung zu.
Ohne Vorwarnung schlängeln sich Ranken von oben um meinen Hals, reißen mich hoch in die Äste des Baumes und drücken mir die Luft ab. Nach einigen Augenblicken der Panic und Desorientierung kann ich zwei Gestalten in der Baumkrone ausmachen. Sehr gut getarnt, kann ich sie nur durch ein rotes Glühen sehen, welches durch eine Vision der mir zugelosten Harrow-Deck-Karte, meine Sicht überlagert.
Bevor mich die Ohnmacht übermannt kann ich geführt durch das rote Leuchten zwei präzise Schüsse abgeben und die beiden Rankenwürger töten. Halb betäubt falle ich meinen Gefährten vor die Füße.

Nach einer kurzen Verschnaufpause inspizieren wir die Hütte.
Wie soll ich es sagen ohne vor Angst zu zittern? Tja, geht nicht! Aber immerhin weiß ich, wenn ich mit klappernden Zähnen und schlotternden Knien hier stehe, dass ich noch lebe!
Behausungen scheinen auf dieser verfluchten Insel kein guter Ort zu sein. In der Hütte baumelt ein Typ aufgeknüpft am Balken. Insektenschwärme quellen aus seinem Körper hervor und irgendwie schafft er es sich aus der Schlinge zu befreien. Während wir den Hausherrn durch die verbarrikadierte Tür etwas aufhalten können, zerlegen wir in mühevoller Kleinarbeit die Insektenschwärme.
Splitternd geht die Tür der Holzhütte zu Bruch und heraus steigt der gut abgehangene Inselalptraum.
Glücklicherweise ist dieser Untote ein kleineres Problem als die Insekten und schnell legt sich eine drückende Stille über die Szenerie, die nur von dem stoßweisen Atem meiner Gefährten zerrissen wird.

Nachdem wir den nächsten Schrecken überwunden haben, wird die Umgebung erkundet. Walbur erklettert den Baum, Crost und Reckless durchwühlen die Hütte und Tork und ich schauen uns innerhalb der Palisaden um.  Die Ausbeute erstreckt sich über nützliche, aber auch über einige schicksalsbehaftete Gegenstände. Passend zu einigen Teilen aus dem Zelt der Ghoule, haben wir hier anscheinend eine Hochzeitsgesellschaft, die ein elendes Ende fand …
Ein wenig entschädigt der Fund eines Fernrohrs, welches kurioser Weise fest auf den Palisaden installiert ist! Blickrichtung auf ein eigenartiges Felsloch. Kein Wunder das der Typ sich aufgehängt hat.

Wir beschließen auf dem Berg, aber nicht innerhalb dieser verwarzten Palisade zu lagern. Endlich etwas Muße und Entspannung. Ich nutze die Gelegenheit, etwas aus dem Krabbenfleisch, den Kokosnüssen und erbeutetem Pfeffer zu zaubern. Später, am prasselnden Lagerfeuer, sichten wir die persönlichen Aufzeichnungen von Arron Ivy, dem Untoten Hausherren dieser Palisade.
Erst jetzt offenbart sich die gesamte unglückliche Geschichte einer Gruppe von Schiffbrüchigen. Auch das Geheimnis des fest installierten Fernrohrs wird gelüftet. Das anvisierte Loch gehört zu einem Höhlensystem der Grindylows.

Vielleicht finden wir dort Barefoot und Sandara … ein Gefühl der Hoffnung macht sich in uns breit … zumindest bis zum nächsten Alptraum!

Mittwoch, 3. September 2014

Tagebuch eines Goblins VIII


Welche Verrückten greifen während eines Sturmes ein Schiff an? Die Antwort lautet Grindylows! Es ist ihre bevorzugte Taktik, anzugreifen während der Gegner im Hintertreffen ist.

Da wir Besatzungstechnisch stark unterbesetzt sind und dieser Sturm das übelste ist, was uns bisher heimgesucht hat, kommen die Grindylows zur Unzeit!
Von allen Seiten kommend, nutzen sie die Saugnäpfe ihrer Tintenfischtentakel um an Bord der Reef Claw zu klettern.  Tork am Ruder brüllt Befehle und versucht das Schiff irgendwie über Wasser und am Wind zu halten. Die Crew erwehrt sich der Grindylows, muss aber gleichzeitig auch das Schiff über Wasser halten.
Walbur und Crost rücken den Angreifern vom Achterdeck zu leibe, während Reckless und meine Wenigkeit vom Bug agieren. Mitten im Kampf erschüttert ein Aufprall die Reef Claw und das Bersten von Schiffsplanken lässt die Mannschaft kurz innehalten und jagt uns einen Schauder über den Rücken.
Schnell können wir den meisten Grindylows den Garaus machen, doch der Schaden ist angerichtet.
Das Schiff ist auf ein Riff gelaufen und nur Torks Künsten am Ruder verdanken wir es noch Planken unter unseren Füßen zu haben. Eine kurze Bestandsaufnahme bringt allerdings die nächste Hiobsbotschaft …  man mag es kaum glauben, aber es fehlen wieder einmal Sandara und Barefoot! Ob die das extra machen? Wenn sie jedenfalls sexy wären, aber es sind halt Menschen … was will man da erwarten!
Die Grindylows müssen die Beiden unbemerkt verschleppt haben … die Alternative gefällt hier keinem! Wer bei diesem Wetter über Bord geht, ist unweigerlich verloren.

Am Morgen lässt der Sturm nach und die aufgehende Sonne offenbart uns eine kleine Insel, die sich an das Riff anschließt. Idyllisch wiegen sich Palmen im Wind, die Wellen brechen sich an einem weißen Sandstrand  und in der Ferne reckt sich ein Gebirge in den Himmel. Am Rande eines Sumpfgebietes stehen offensichtlich verlassene Hütten.
Kurz entschlossen hinterlässt Tork Instruktionen für die Schiffsreperatur und das Beiboot wird zu Wasser gelassen. Reckless, Crost, Walbur, Tork und ich gehen auf Rettungsmission.
Die wenigen hundert Meter über kristallklares Wasser sind schnell überbrückt und wir gehen am Rand des verlassenen Dörfchens an Land. Nichts rührt sich hier und im sumpfigen Boden sind keine Spuren zu entdecken. Bemerkenswert scheinen nur die in regelmäßigen Abständen drapierten Skelette zu sein. Alle blicken mit leeren Augenhöhlen auf das Meer hinaus … vielleicht eine Art Abschreckung?
Im Dörfchen beginnt ein Bohlenweg, dem wir folgen und der direkt in den Sumpf führt. Die drückende Hitze lässt den üblen Geruch noch unerträglicher werden. Fiese Moskitos schwirren nervtötend um uns herum und mir kommen Zweifel, ob wir Sandara und Barefoot hier finden werden.

Die vermissten Mädels haben wir nicht gefunden. Dafür aber jede Menge Moskitos und sie mögen uns mehr als uns lieb ist… ein riesiger Schwarm dieser Viecher kommt direkt auf uns zu, als wir versuchen über einen morastiges Flüsschen zu kommen. Völlig zerstochen gelingt es uns nur mit großer Mühe die Plagegeister zurückzuschlagen und den Schwarm zu zerstreuen. Als ob das nicht genug wäre, lauern im Morast der Furt auch noch zwei große Frösche … mit langen Zungen … sehr langen Zungen. Ein Glück nicht länger als Kampfzauber und eine gute Muskete reichen. Nun ist der Morast voller Froschlaich…en, das ist mal Goblinhumor …
Hätte Walbur nicht in einiger Entfernung ein großes Zelt gesehen, wären wir spätestens jetzt schon lange auf dem Rückweg. Doch so geht es tiefer in diesen elenden Sumpf, direkt auf diesen Zeltplatz zu.
Um den Stamm einer riesigen Mangrove wurde eine Zeltplane mit eigenartigen Symbolen drauf gespannt. Je näher wir kommen, desto intensiver wird der Gestank nach muffigem Morast, faulender Flora und verwesendem Aas. Kurz vor dem Zelt wird es unerträglich. Schritt für Schritt geht es in einiger Entfernung um das Zelt herum. In extremer Verlangsamung werden mich die nächsten Szenen noch lange verfolgen …

… durch die Zeltöffnung sehe ich nach und nach Haufen von Kleidung, Gegenständen, dann Arme, Beine, einen Torso … angebissen und zum Teil abgenagt … der verwahrloste Kopf einer ehemals gut aussehenden Frau blickt mich aus toten Augen an … als ich realisiere, das sich dieser Kopf samt verwesendem Körper auf mich zubewegt, höre ich die erschrockenen Rufe meiner Kameraden. Angst und Ekel wallen in mir auf und nur mit Mühe kann ich ein Würgen unterdrücken.
Reflexartig ziehe ich den Abzug durch und das beruhigende Gefühl des Rückstoßes meiner feuernden Muskete gibt mir neue Hoffnung. Die Kugel schlägt ein und reißt ein Loch in den Ghoul. Der sollte hinüber sei … beim viergeteilten Klabauter, das ist doch nicht möglich … diese Untote Ex-Hure rappelt sich hoch und schließt sich ihren Schwestern wieder an als wäre nichts geschehen …

Voller Adrenalin, am ganzen Leib vor Erschöpfung zitternd, aus einigen Wunden blutend und einer guten Grundlage für alptraumbewehrte Nächte, stehen wir nach hartem Kampf in den stinkenden Überresten unserer Angreifer. Allen Ekel überwindend inspizieren wir kurz, sehr kurz das Zelt.
Danach flüchten wir vom Ort des Geschehens und lassen diesen Höllensumpf hinter uns.
Am Rande einer Graslandschaft lassen wir es ruhiger angehen und schauen uns auf der Suche nach einem Nachtlager um. In einiger Entfernung sind verwilderte Felder und Gemüsegärten zu sehen. Ein Weg führt in die Berge, an dessen Ende man ein kleines Quadrat aus Palisaden erkennen kann.

Wir schauen uns an und die unausgesprochene Übereinkunft, zumindest heute nicht mehr durch den Sumpf zurückzukehren, steht jedem ins Gesicht geschrieben